Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
Erläuterungen
Die Landesbauordnungen enthalten gemäß der novellierten Musterbauordnung (MBO, Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13. Mai 2016) die Ermächtigung, die Anforderungen an bauliche Anlagen durch Technische Baubestimmungen zu konkretisieren und geben verfahrensrechtliche und materielle Regelungen vor.
Dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) wird dabei die Aufgabe zugewiesen, die Muster-Verwaltungsvorschrift Technischen Baubestimmungen (MVV TB) in Abstimmung mit den Ländern nach Anhörung der betroffenen Kreise zu veröffentlichen.
In diesen Technischen Baubestimmungen gehen sowohl die Technischen Regeln, die seinerzeit in der Musterliste der Technischen Baubestimmungen (MLTB) enthalten waren als auch diejenigen, die in den Bauregellisten geführt wurden, auf.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen müssen in der Ermächtigungsgrundlage Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verwaltungsvorschrift hinreichend bestimmt sein. § 85a Absatz 2 MBO enthält deshalb detaillierte Vorgaben dazu, welche Arten von Regelungen in die MVV TB aufgenommen werden können. Die Bezugnahme auf nichtstaatliche technische Regeln bleibt weiterhin zulässig und im Sinne der schlanken Gestaltung der Technischen Baubestimmungen auch erwünscht. Es können aber auch Regelungen auf andere Weise unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgenommen werden. [1]
Technische Baubestimmungen können sein:
- Regelungen zur Planung, Bemessung und Konstruktion baulicher Anlagen und ihrer Teile auch für solche, die im Zusammenhang mit der Verwendung konkreter Bauprodukte stehen. Insbesondere können auf dieser Grundlage auch alternative konstruktive Maßnahmen beschrieben werden, bei deren Ausführung in der konkreten Verwendungssituation darauf verzichtet werden kann, dass ein Bauprodukt im Hinblick auf eine bestimmte Leistung den Anforderungen entspricht
- Festlegungen, welche Merkmale ein Bauprodukt aufweisen muss, die sich für einen konkreten Verwendungszweck auf die Erfüllung der Anforderungen nach § 3 Satz 1 beziehen, um für einen bestimmten Verwendungszweck geeignet zu sein. Diese Merkmale müssen aus den Bauwerksanforderungen abgeleitet und diese Ableitung muss für den Rechtsanwender nachvollziehbar sein
- Festlegung von erforderlichen Merkmalen aus dem Vorliegen oder Nichtvorliegen von Einwirkungen auf bestimmte bauliche Anlagen oder ihrer Teile. Diese Einwirkungen können sich aus klimatischen, geologischen, geographischen, physikalischen, chemischen oder biologischen Rahmenbedingungen ergeben. Umgekehrt können sich bestimmte Merkmale aber auch im Hinblick auf den Einfluss ergeben, den das Bauwerk oder seine Teile auf seine Umgebung ausüben
- Angaben zu Prüfverfahren für die Feststellung der Leistung eines Bauprodukts im Hinblick auf Merkmale, die sich für einen konkreten Verwendungszweck auf die Erfüllung der Anforderungen nach § 3 Satz 1 beziehen. Die Festlegung von Prüfverfahren ist ausschlaggebend dafür, dass die aufgrund von Prüfverfahren erklärten Leistungen vergleichbar sind
- Untersagung der Verwendung bestimmter Bauprodukte für bestimmte Verwendungszwecke, weil sich aus der Betrachtung der Merkmale des Bauprodukts (die sich für einen konkreten Verwendungszweck auf die Erfüllung der Anforderungen nach § 3 Satz 1 beziehen) und der Anforderungen an die bauliche Anlage oder ihrer Teile ergibt, dass das Bauprodukt für diesen Zweck grundsätzlich geeignet oder ungeeignet ist
- Festlegungen von Stufen oder Klassen für bestimmte Verwendungszwecke
- Angaben zu einem konkreten Bauprodukt in Bezug auf einen konkreten Verwendungszweck, zu welchen Merkmalen der Hersteller Angaben zur Leistung machen muss. Außerdem können Aussagen dazu getroffen werden, wie die Leistung beschaffen sein muss, damit ein Produkt für einen konkreten Verwendungszweck eingesetzt werden darf
- Festlegungen mit Angabe der maßgebenden technischen Regeln, welche Bauarten und welche Bauprodukte nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses bedürfen
- Voraussetzungen für die Abgabe der Übereinstimmungserklärung, ob die Einschaltung einer Prüfstelle erforderlich ist (§ 22 Abs. 2) oder eine Zertifizierung erfolgen muss (§ 22 Abs. 3)
- Vorgaben zum Inhalt und zur Form der technischen Dokumentation, die zu einem Bauprodukt zu erstellen ist. Insbesondere kann vorgesehen werden, dass Angaben in Bezug auf die verwendete Prüfmethode, die beteiligten Prüfinstitute, die Prüfhäufigkeit und die werkseigene Produktionskontrolle gemacht werden können oder müssen
Die Technischen Baubestimmungen sollen nach den Grundanforderungen gemäß Anhang I der EU-Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) gegliedert sein. Schon hierdurch soll verdeutlicht werden, welche Technischen Baubestimmungen zur Konkretisierung welcher gesetzlichen Anforderung an das Bauwerk bestimmt sind. Die Vorschrift ist allerdings nicht zwingend gestaltet.[1]
Um den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift gerecht zu werden, müssen strenge verfahrensmäßige Vorgaben erfüllt werden: Zum einen bezüglich der Beteiligung interessierter und sachkundiger Kreise und zum anderen bezüglich der Form der Bekanntmachung. Zur Beteiligung ist vorgesehen, dass das DIBt vor Veröffentlichung der MVV TB die beteiligten Kreise zu hören sowie das Einvernehmen der obersten Bauaufsichtsbehörde herbeizuführen hat.[1]
Die MVV TB kann als Verwaltungsvorschrift des Landes gelten, soweit die oberste Bauaufsichtsbehörde keine abweichende Verwaltungsvorschrift erlässt. Ziel ist es, eine Vereinheitlichung der Technischen Baubestimmungen der Länder zu erreichen. Außerdem ermöglicht dies den Ländern eine schlanke Umsetzung und eröffnet gleichwohl die Möglichkeit, von der MVV TB abzuweichen, wobei der Umfang der Abweichung ins Ermessen der Länder gestellt ist. Da vorgesehen ist, dass vor Veröffentlichung des Musters eine Anhörung der beteiligten Kreise durchzuführen ist, ist sichergestellt, dass diese sich in einem frühen Verfahrensstadium im Rahmen einer Anhörung für das gesamte Bundesgebiet einbringen können. Soweit die oberste Bauaufsichtsbehörde von der MVV TB nicht abweicht, muss im Land kein weiteres Anhörungs- und Notifizierungsverfahren durchgeführt werden.[1]
Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
- Harmonisierte Normen (hEN) im Geltungsbereich der EU-Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011) sind keine Technischen Baubestimmungen:
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2016 in der Rechtssache C-613/14 ("James Elliot") den harmonisierten, von der Kommission im EU-Amtsblatt bekannt gemachten Normen eine rechtlich herausgehobene Funktion zugesprochen. Das höchste Gericht der EU betrachtet solche technischen Normen in seinem Urteil als "streng geregelte Durchführungsmaßnahmen, die auf Initiative und unter der Leitung der Kommission erstellt werden und die Rechtswirkungen nur entfalten, wenn die Kommission deren Fundstellen zuvor in der Ausgabe C des Amtsblattes der Europäischen Union veröffentlicht". Diese sind somit nach Auffassung des EuGH Teil des Unionsrechts und der EuGH damit für deren Auslegung zuständig.[2]
Die in der MVV TB enthaltenen hEN stellen also nur Bezugsnormen dar. Sie verbleiben in der STB-Online noch bis zum Erscheinen einer Neufassung der hEN.
Ansonsten sind die hEN nach der EU-Bauproduktenverordnung in der Sammlung „EU-Bauproduktenverordnung – Materialsammlung“ enthalten. - Technische Baubestimmungen in den Abschnitten A 2.2.1 und A 2.2.2:
In der MVV TB werden in den Abschnitten A 2.2.1 und A 2.2.2 bestimmte Technische Baubestimmungen aufgeführt, die nur deklaratorischen Charakter haben. Die meisten Länder haben hier eigene Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen für Sonderbauten und Garagen sowie für Feuerungsanlagen und elektrische Betriebsräume erlassen, auf die dann auch in den landeseigenen Verwaltungsvorschriften Technischer Baustimmungen verwiesen wird.
Auf die Aufnahme in STB-Online wird verzichtet, da die Muster-Regelungen im Volltext unter www.is-argebau.de verfügbar sind.
[1] Auszug aus der Begründung zur Musterbauordnung (MBO) vom Mai 2016
[2] Auszug aus dem Beitrag K. Abend - Neues EU - Recht für die Vermarktung von Bauprodukten - DIBt-Newsletter 2013/4/1